> zur Navigation > zum Inhalt

Verhandlungssache

Ein "Negotiator" ist, wie es in dem Film auch schön gesagt wird, ein professioneller Lügner. Damit sind hier ausnahmsweise mal keine Anwälte gemeint, sondern die Leute, die bei Geiselnahmen herangezogen werden, um mit dem Geiselnehmer zu verhandeln, um die Sache möglichst unblutig ausgehen zu lassen.

Filmplakat

Dieser Film dreht sich nun um solche Personen… eigentlich recht unüblich, mir ist zumindest kein anderer Film zu diesem Thema bekannt. Daher verspricht allein der Titel schon einen eher außergewöhnlichen Film… ich sollte enttäuscht werden.

Szene 1: Eine Geiselnahme in Chicago. Der Protagonist Lt. Danny Roman (Samuel L. Jackson) wird vorgestellt, wie er mit einem Ex-Marine verhandelt, der seine eigene Tochter als Geisel hält und sie mit einer Schrotflinte bedroht. Ein bisschen Smalltalk über Hunde, dann reicht es dem Geiselnehmer. Roman verlangt einen letzten Versuch, bevor das SWAT-Team die Wohnung stürmt, begibt sich selbst unbewaffnet in die Wohnung, um den Geiselnehmer abzulenken. Naja, das gelingt ihm auch, der Mann wird außer Gefecht gesetzt, alles in Butter.

Schnitt, Szene 2: Ausgelassene Polizei-Feier anlässlich dieses Erfolgs, inklusive den Nachrichten im Fernsehen, in denen Roman für seine heldenhafte Tat gelobt wird. Natürlich gibt's einen griesgrämigen Kollegen (David Morse), der meint, Roman habe sich in unnötige Gefahr gebracht und die Sache falsch gehandhabt. Auf dieser Party wird Roman dann von einem Freund beiseite genommen, der ihm erzählt, dass einige seiner Kollegen Geld aus dem Invalidenfonds veruntreuen. Ein weiteres Treffen wird vereinbart, bei dem Roman mehr erfahren soll… doch kurz vor seiner Ankunft wird der Informant erschossen und die natürlich 30 Sekunden später eintreffende Polizei sieht nur, wie Roman sich über die soeben gefundene Leiche beugt.

Schnitt, nächste Szene: Hausdurchsuchung bei Roman… ein paar fingierte Beweise werden gefunden. Roman wird natürlich der Mord angehängt, die Presse verfolgt ihn auf Schritt und Tritt, seine Freunde und Kollegen schauen ihn schief an, es folgt die obligatorische Abgabe von Waffe und Dienstmarke. Daraufhin sucht Roman den Chef der "Inneren Angelegenheiten" Terence Niebaum (J.T. Walsh) auf, der laut seinem Informanten mit der Veruntreuung was zu tun haben soll, und nimmt in seinem Büro ihn und einige weitere Anwesende als Geiseln.

Es folgt nun der eigentliche Kniff an dem Film, dass sich die zwei besten Verhandlungsführer von Chicago, nämlich Roman und der von ihm bestellte Chris Sabian (Kevin Spacey) gegenüberstehen. Roman kennt alle Tricks der Verhandlungsführer, daher könnte darin eigentlich ein bisschen Spannung liegen. Natürlich ist der Geiselnehmer hier der eigentliche Sympathisant, und abgesehen von dem verdächtig dreinschauenden Niebaum gewinnen auch die Geiseln mit der Zeit Vertrauen zu Roman. Es werden auch einige Beweise gefunden, und eine große Verschwörung aufgedeckt. Sabian hingegen versucht nun gegen die anderen Polizeikräfte und das anrückende FBI anzutreten, die natürlich so schnell wie möglich ein paar SWAT-Teams in das Gebäude schicken wollen, um den Geiselnehmer zu liquidieren. Dazwischen turnt auch noch ein wenig Romans frisch Angetraute Maggie (Siobhan Fallon) herum, der er eigentlich versprochen hatte, keinen Unfug mehr anzustellen.

Okay, wurden einige Clichés aus Cop-Filmen noch nicht bedient? Macht nichts, ich kann ja hier leider nicht die gesamte Handlung wiedergeben :)

Da ist er also nun, ein Film, der thematisch eigentlich recht interessant sein könnte, mit Weltklasse-Schauspielern besetzt, und doch zur Sau gemacht, indem er nur zu einer Aneinanderreihung von altbekanntem Material verkommt. Der Film läuft eigentlich unter "Thriller", doch so rechte Spannung konnte er bei mir auch nicht erzeugen, zuviel ist vorhersehbar (gute Cops töten niemanden), es wirkt alles zu sehr konstruiert, um das dann strikt linear (wenn auch solide) abzuarbeiten.

Wie wurde es so schön in Adaptation gesagt: "Wow them in the End, and you're forgiven"… kurzzeitig dachte ich auch, dieser Film könnte mich am Ende doch noch überraschen. Aber der Film geht doch genauso kitschig zuende, wie er es die ganze schon Zeit war.

Was gibt es zu dem Film nun eigentlich gutes zu sagen? Von meiner Seite recht wenig, die einzigen Lichtblicke waren ein paar Ausführungen zur Arbeit der Verhandlungsführer, im Speziellen zur Deutung von Körpersprache. Die schauspielerische Leistung von Jackson und Spacey (und auch von Walsh, der in seiner Rolle perfekt ist) ist überzeugend, der Film selbst aber leider nicht.

Wer mal einen wirklich spannenden Thriller sehen will, bei dem ein Polizist fälschlich des Mordes verdächtigt wird und seine Unschuld beweisen will, der sollte sich lieber The Fugitive (Deutsch: Auf der Flucht) ansehen.

3 von 10 Punkten